beobachten

21. Februar 2023

Wir können unser eigenes Verhalten und unsere gefühlsmässigen Reaktionen beobachten und sie fast zeitgleich analysieren. Wir zerlegen dann alles in seine Einzelteile. Wollen verstehen, warum wir uns so oder so verhalten. Wie etwas z.B. mit den Verletzungen aus unserer Kindheit zusammenhängt. 

Verstehen wollen ist ein sehr schönes Bedürfnis. Ich selbst spüre einen ganz starken Drang in mir, mich selbst und andere verstehen zu wollen.

Gleichzeitig ist da eben sehr viel ‚wollen' drin und da kann es leicht passieren, dass der Blick und die Wahrnehmung eng werden… 

Es gibt noch andere Wege in ein tieferes Verständnis von sich selbst: Einer davon fängt auch mit dem Beobachten an. Es geht dann allerdings erstmal nicht in die Tiefe, sondern in die Weite: 

Das geschieht, wenn wir das, was wir beobachten, halten.

Und Gefühle wie z.B. Ärger oder Schuld auftauchen lassen und wahrnehmen, ohne in sie hineinzugehen. Wir können dann beobachten, dass uns etwas hässig macht und dass wir denken, alles wäre gut (oder zumindest viel besser;-), wenn der Mensch uns gegenüber dies oder jenes anders machen würde. Oder wir können beobachten, wie uns etwas schwer macht, weil wir denken, alles wäre gut (oder zumindest viel besser;-), wenn wir selbst dies oder jenes anders machen würden… Und dann erstaunt beobachten, dass Ärger und Schuld miteinander verwandt sind. Und dann noch erstaunter feststellen, dass wir uns selbst manchmal die Schuld geben, weil sich das verrückterweise sicherer anfühlt als den eigenen Ärger auszudrücken... Und dann bei dieser Erkenntnis verweilen. Oder bei einer anderen Erkenntnis, die beim Prozess des Beobachtens aufgetaucht ist. Ohne zu urteilen. Ohne den Grund irgendwo in der Vergangenheit zu suchen. 

Stattdessen im Hier und Jetzt bleiben. Und staunen. Über uns selbst. 

Was ganz viel Sanftheit und Spielerisches in die Auseinandersetzung mit den eigenen Themen bringt. 

Wie klingt das für dich?

 

5. März 2021

„Was du siehst und hörst, und das, was du dazu denkst, sind zwei verschiedenen Dinge.“ So sollte dieser Post eigentlich heissen. Ich hatte mir vorgenommen, darüber zu schreiben, dass „Das Zimmer ist ja immer noch nicht aufgeräumt“ keine Beobachtung ist und „Das Zimmer ist nicht aufgeräumt“ auch nicht, auch wenn letzteres neutraler klingt. Denn das Universum kennt kein 'nicht’. Also können wir nichts, was ein ‚nicht‘ enthält, beobachten, wir können es nur denken. Auch dass ‚aufgeräumt‘ streng genommen keine Beobachtung ist, wollte ich schreiben. Eine Kamera kann nur aufnehmen, dass Kleidung im Schrank hängt und dass Lego in einem Karton liegt - und nicht, ob etwas aufgeräumt ist oder nicht, ob jemand stört oder nicht etc. - damit beschreiben wir, wie wir das Verhalten einer Person interpretieren.

Ich wollte natürlich auch darüber schreiben, wie uns die Unterscheidung zwischen Beobachtung und Interpretation in unserem Alltag unterstützen kann. Sie ist nämlich ein erster Schritt in Richtung Verantwortung-für-unsere-Gefühle-und-Bedürfnisse-übernehmen. Wobei das sehr streng klingt und mir die englische Formulierung „owning what is yours“ besser gefällt. Irgendwie ist das weniger im Kopf und mehr im Körper.

Dann hat mir plötzlich das Bild nicht mehr gefallen, dass ich für diesen Post ausgewählt hatte, und ich habe nichts anderes gefunden. Die ganze Leichtigkeit, die mich in den vier Monaten hier auf Instagram begleitet hat, war weg. Fragen sind aufgetaucht: Warum schreibe ich hier? Für wen schreibe ich? Müsste ich nicht viel öfter posten, wenn ich wirklich will, dass hier eine Community entsteht? Sollte ich nicht öfter Bilder von mir posten? Was ist der Mehrwert?

Und und und

Ich habe keine abschliessenden Antworten gefunden. Dafür ein Bild: den Wasser-Tanz, eine Szene aus „Dido und Aeneas“ von Sasha Waltz. Ich kenne es schon lange, aber noch nie hat es mich so getroffen wie vorhin. Das Leuchten. Die Stille unter Wasser. Wie die zwei aufeinander zuschwimmen. Ob sie sich treffen oder nicht - nicht wichtig. Einfach die wild-zarte Schönheit dieses Moments. Jetzt.

Erlebst du das auch so?

Foto: Sebastian Bolesch

 

8. April 2021

„Im Eingang stehen noch die Taschen mit dem Altglas und auch die Küche ist auch nicht gemacht.“ Ich will mich sofort rechtfertigen und ärgere mich über mich selbst, denn ich bin nicht so gut organisiert, wie ich es gern wäre, was oft dazu führt, dass mir die Zeit wegläuft und meistens muss dann die Küche dran glauben… In mir startet sofort ein Film mit dem Titel: „Ich bin die, die alles falsch macht…“. Gleichzeitig läuft noch ein anderer Film. In dem rufe ich: „Das ist keine lupenreine Beobachtung! Kannst du dich nicht anders ausdrücken?“

Und gleichzeitig bin ich total dankbar. Dazu mehr später. Erstmal noch zur Situation bei uns: Wir sind getrennt und haben uns für das, was man Nestmodell nennt, entschieden. Es ist immer abwechselnd einer von uns bei den Kindern und wir sind auch immer wieder zu viert hier. Wir sind uns beide bewusst, dass es bei den hitzigen Gesprächen rund um das Bedürfnis Ordnung eigentlich um andere, tieferliegende Bedürfnisse geht: Wertschätzung für das So-Sein des anderen. Respekt für das Anderssein des anderen. Und darum, eine gemeinsame Mitte jenseits der Paarbeziehung zu finden. Denn Eltern werden wir immer bleiben. Die Ordnung ist der Schauplatz für unser Ringen. Hier können wir zeigen, wie ernst es uns damit ist, eine neue Form der Beziehung aufzubauen.

Ich bin dankbar, weil ich spüre, dass sich der Mann, mit dem ich so viele Jahre zusammen war, bemüht zu unterscheiden zwischen dem, was er sieht und hört und dem, was er in diesem Zusammenhang denkt und fühlt (seinÄrger). Dieses Bemühen berührt mich. Etwas schmilzt in mir. Ich merke: Zu beobachten, ohne zu bewerten ist nicht das Wesentliche, sondern die Beobachtung von der Bewertung zu trennen. Was in manchen Momenten tatsächlich Kraft kostet. Doch wenn wir aufrichtig darum ringen, dann werden die vier Schritte lebendig!! Dann macht es Spass, GFK zu leben!!

Lust auf mehr?

Melde dich für meinen Newsletter an und erhalte eine von mir gesprochene Meditation, die dir hilft, ins Vertrauen zu kommen, wenn du jemandem etwas sagen möchtest, was dir nicht leicht fällt.